Danke Dir, Dirk - ein persönlicher Abschied

Im Februar 1981 kam Dirk zum Vogelsang. 39,6 Jahre. 474 Monate. 14425 Tage. (Und nein, dies habe ich trotz mathematischer Grundausbildung bei Dirk nicht selbst ausgerechnet, sondern in der Tabellenkalkulation rechnen lassen.) Es schreibt sich so leicht, aber um diesen unglaublich langen Zeitraum zu verdeutlichen, den er uns – den Schülern, den Lehrern, dem Vogelsang – gewidmet hat, muss man erst einmal in Gedanken zurückreisen...

Wir schreiben das Jahr 1981. Tausende demonstrieren gegen Umweltsünden und für den Frieden, die Bundesrepublik befindet sich in einer Wirtschaftskrise, Bayern München wird Meister – soweit die Parallelen. In Polen kommt Jaruzelski an die Macht, das Kriegsrecht wird verhängt und die Bewegung Solidarnósc erhält offiziellen Gewerkschaftsstatus. In Spanien wird ein Putsch gegen die junge Demokratie niedergeschlagen. Ronald Reagan zieht ins Weiße Haus ein – und wird 70 Tage später Ziel eines Anschlags, wie auch der Papst in diesem Jahr. Griechenland wird 10. Mitglied der Europäischen Gemeinschaft. In den USA erscheint erstmals ein Papier zur mysteriösen Immunschwächekrankheit AIDS. Im April startete das erste Space Shuttle. Und Prince Charles heiratet Diana Spencer – Lady Di.

Wie bunt die Welt damals war, zeigt ein Blick auf die Pop-Kultur: Dallas und Das Boot liefen erstmalig im deutschen – auf 3 Sender beschränkten – Programm. Pink Floyd’s The Wall feierte im Februar Premiere. Lena Valaitis wird mit Johnny Blue Zweite beim Grand Prix Eurovision de la Chanson – dem heutigen Eurovision Song Contest. In den Charts findet sich die ganze Bandbreite des Geschmacks:

Von Abba bis Queen, von Boney M bis Nicole, von Rex Gildo bis The Police. Und die Junge Kim Wilde erklimmt mit Kids in America erstmals die Charts.

Um den Bogen zum Vogelsang wieder zu spannen: Dirk war das bunte Steinchen, welches noch fehlte im Mosaik der Lehrerschaft. Da gab es die strenge Klassiker-Fraktion um Dr. Starke und Wolfgang Luhn, die Kölsch-Rocker um Doro König, den Leder-Rocker Wolfgang Ax und die Prog-Rocker um Jochen Welzel. Mit Dirk kam ein junger, engagierter Mathematiker dazu, der stets vermittelnd, meist mit einem verschmitzten Lächeln seine Schüler anleitete. Vielleicht so eine Mischung zwischen Heinz-Rudolf Kunze und Westernhagen, ein wenig Markus und dem radikalisierten Minimalismus des Trios. Die gute Seite der NDW! Und wie ein guter Künstler, der stets mit der Zeit geht, hat er sich natürlich verändert: Schnäuzer, Haare und Pullis sind grauer und seriöser gworden, aber man erkennt ihn sofort wieder.

39 Jahre später… Einige der Chart-Stürmer von damals begleiteten uns länger. Kim Wilde etwa, Queen, Phil Collins, Roland Kaiser. Von den Top 100 der Charts findet sich aber seit Jahren niemand mehr in den aktuellen Auflagen wieder. Die EG ist schon längst die EU, umfasst 27 Länder, eine eigene Währung. Die Solidarnósc hat Polen und die ganze Welt verändert, ihr Führer wurde später Präsident - jetzt geht es eher wieder rückwärts. Reagan und Lady Di sind tot, es gab noch weitere 5 Präsidenten in den USA. Päpste gab es danach 2 (davon einen deutschen!). Deutsche Präsidenten gab es dagegen schon 7, deutsche Bundeskanzler erst 3, darunter die erste Frau im Amt. Und Bayern feierte seitdem 23 mal die Meisterschaft (und es gab nur 5 andere Meister in dieser Zeit).

39 Jahre Vogelsang… über 4000 Schüler besuchten diese Schule. 5 Rektoren verantworteten deren Geschicke. Viele Kollegen kamen und gingen, einige für immer. Die Turnhalle brannte ab und wurde neu errichtet. Der Don Quixote thronte irgendwann über der Schule und hielt stets ein waches Auge darauf. Ein Ehemaligenverein wurde gegründet.

Dirk hat an dieser Schule in all den Jahren nicht nur Dienst getan. Er hat viele Schüler und Kollegen mit seiner Art geprägt. Er hat sich stets eingebracht in Schule und in den Verein, den er jahrelang quasi allein repräsentiert hat. Mit IUTU hat er die Welt vom Vogelsang aus ein Stück besser gemacht. Persönliche Krisen hat er zahlreiche überwunden und in seiner unnachahmlichen Art hat er auch in diesen Phasen nach außen fast immer Optimismus verströmen können. Diese ruhige, optimistische Art macht ihn so sympathisch, hat es uns ermöglicht, von ihm Dinge anzunehmen und mit ihm zu leiden. Wenn man ihn selbst fragt, hat er in all diesen Jahren so geschätzt, dass er „seine Zeit gut nutzen und mich an den Dingen erfreuen konnte! Ich war sehr zufrieden mit dem, was ich machen konnte und durfte. Wir hatten hier ja immer alle Freiheiten“. Da kam er wieder raus, der Soft-Rocker. Und so freuen wir uns, ganz im Sinne von Westernhagen („Alle, die von Freiheit träumen, Sollten's Feiern nicht versäumen“), Dirk am 05.09. noch einmal hochleben lassen zu können.

Danke Dir, Dirk, für alles! Und damit meine ich die Schule, den Verein, aber auch mich persönlich, da Du mir als Klassenlehrer in der Unterstufe den Weg aufs Vogelsang geebnet hast und ich mich sehr gefreut habe, Dich 30 Jahre später im Vereinsleben problemlos wiederzuerkennen. Wir werden Dich im Schulalltag vermissen! Jetzt bist Du Ehemaliger und als solchen begrüßen wir Dich auch in neuer Rolle im Freundeskreis!